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Der gefrustete Hund

„Menno, Bello, jetzt hör doch endlich mal auf damit und stell dich nicht so an …“ Während Bello in die Leine beißt und daran zerrt, weil er heute nicht mit Rex über die Wiese toben darf.

Aber warum verhält Bello sich eigentlich so?

Frust ist ein Gefühl, das entsteht, wenn Erwartungshaltungen nicht erfüllt werden. Diese sind von Hund zu Hund unterschiedlich, wie auch bei uns Menschen. Dem einen Hund sind Kontakte zu Artgenossen wichtig, und wenn er diese nicht bekommt, dann entsteht Frust. Dem anderen wäre ein Bällchen viel wichtiger, und dieser Hund rastet aus, wenn er seinen Ball nicht erreichen kann.

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Frustration bei Hunden verschiedene Verhaltensweisen wie Bellen, Knurren oder Aggressionen auslösen kann. Barrierefrustration (wenn ein Hund durch eine Leine oder eine Tür gehindert wird) ist ein häufiges Problem, das zu umgelenkten oder aggressiven Verhaltensweisen führen kann. Solche Erkenntnisse sind wichtig für das Verständnis, wie Frustration im Alltag von Hunden auftritt und wie sie durch Training und Management reduziert werden kann​. 

Frustration kann sich unterschiedlich äußern: Die einen Hunde bellen, knurren und werden ggf. aggressiv, während andere Hunde Gegenstände zerstören oder sich zurückziehen bis hin zur Depression bei langanhaltendem Frust.

 

Aber wie vermeide ich jetzt die frustigen Wutanfälle?

Im Idealfall werden immer alle Erwartungen erfüllt, dann gibt es keinen Grund, Frustrationsverhalten zu zeigen. Aber das ist Quatsch! In unserem Zusammenleben mit Hunden ist das leider nicht möglich. Es wird immer Momente geben, in denen dein Hund etwas nicht bekommt, was er gerne haben möchte.

Es ist wichtig, dass dein Hund lernt, mit Enttäuschungen umzugehen und eine Frustrationstoleranz aufzubauen. Frustrationstoleranz heißt aber nicht, dass man lernt, Frust auszuhalten, sondern dass man weniger schnell und weniger stark Frust empfindet und sich auch schneller „abregt“. Die Entwicklung des Canine Frustration Questionnaire (CFQ) hat gezeigt, dass Hunde mit höheren Frustrationswerten auch höhere Cortisolspiegel nach Tests aufweisen, was auf eine stärkere physiologische Reaktion auf Frustration hinweist. Diese Ergebnisse unterstützen die Verwendung des CFQ als Werkzeug zur Messung von Frustration bei Hunden und unterstreichen die Bedeutung von Training zur Erhöhung der Frustrationstoleranz​.

Wie kann dieses Training aussehen?

Eine sehr beliebte Übung ist das Warten vor dem Futternapf. Erst wenn der Hund ruhig und entspannt ist und nicht mehr quengelt, erfolgt die Freigabe. Aber ist das wirklich eine Frustübung? Eigentlich nicht, die Erwartung „Gleich gibt’s Futter“ wird ja erfüllt, zwar mit Zeitverzug, aber sie wird erfüllt. Bei solchen Übungen lernt dein Hund Geduld (Belohnungsaufschub). Dieser ist wichtig und hilft dir im Alltag mit deinem Hund und sollte auf keinen Fall vernachlässigt werden. Allerdings hilft es dir nicht mit der Frustrationstoleranz.

Du könntest zum Beispiel mit deinem Hund spazieren gehen, und etwa eine Stunde nach eurer Runde ziehst du erneut die Schuhe und deinen Hund erneut für die Hunderunde an. Du gehst mit ihm zur Tür, öffnest diese und dann schließt du sie wieder. Du ziehst deine Schuhe aus, leinst deinen Hund ab und setzt dich gemütlich auf dein Sofa und liest ein Buch. Dein Hund wird dich nun wahrscheinlich sehr verwundert anschauen, du wirst vielleicht ein kleines bisschen ein gebrochenes Herz haben, aber die schöne Hunderunde hattet ihr ja bereits, und normalerweise gibt’s keine zweite so kurz nach der ersten.

Wenn dein Hund nun frustig wird, dann darfst du ihm helfen, indem du ihn auf seine Decke begleitest. Reinbeißen, bellen, dich anspringen etc. sind alles Dinge, die nun nicht erlaubt sind. Auch nicht stattdessen eine Runde im Garten laufen, damit der Frust weggeht.

Dein Hund darf gerne darüber nachdenken und seine Selbstregulation erweitern. Neben der Frustrationstoleranz gehören auch Selbstberuhigung, Impulskontrolle, Emotionsregulation und soziale Selbstregulation zu eben der Selbstregulation. Dies schult die Resilienz deines Hundes und er lässt sich nicht so leicht aus der Bahn werfen. Aber dies geschieht jedoch nur, wenn du deinem Hund die Möglichkeit gibst, diese Situation zu durchleben und eigenständig zu der Entscheidung zu kommen, dass es doch gar nicht so schlimm ist, wenn man nicht immer alles bekommt, was man haben möchte. 

Studien zeigen, dass Hunde, die lernen, mit Frustration umzugehen, weniger aggressive und impulsive Verhaltensweisen zeigen. Training, das darauf abzielt, die Toleranz gegenüber Frustration zu erhöhen, kann dazu beitragen, dass Hunde sich in stressigen Situationen besser selbst regulieren können​.

Achte aber darauf, dass dein Hund nicht zu sehr gefrustet wird, denn zu viel Frust hilft deinem Hund nicht.

Dann kann dein Hund nicht eigenständig eine Lösung finden. Du kennst dies vielleicht von dir selbst: Wenn es zu stressig und frustig wird, dann schafft man die Situation allein nicht und benötigt Hilfe. Die Forschungen belegen dies.

 

Insider Wissen

Ouzo gerät leicht in Frust, wenn er nicht mit an die Tür darf, nachdem es geklingelt hat. Und wenn man dann den Besuch die ganze Zeit nicht begrüßen darf und der einfach geht, ohne „Hallo zu sagen“, dann ist das schon ein sehr „schlimmes“ Erlebnis für Ouzo gewesen.

Inzwischen kann er liegen bleiben (okay, manchmal muss ich ihn dreimal auffordern und helfen, wie war das noch mit der Konsequenz?) und nach ein paar Minuten, wenn der Besuch in der Wohnung ist, rollt er sich ein und schläft.

 

Und tappe jetzt nicht in die Falle und übe jeden Tag Frust und noch mehr Frust und nochmal. Das ist auf die Dauer zu viel und wird dir und deinem Vierbeiner nicht dabei helfen, eine gute Frustrationstoleranz zu entwickeln.

Schaue immer auf deinen Hund und seine Bedürfnisse, vernachlässige deine aber dabei nicht. Dann kannst du deinem Hund am besten helfen, zu einem entspannten Partner an deiner Seite zu werden.

Du möchtest Hilfe?

Dein Hund ist an der Leine ein kleiner (oder auch größerer) Stinkstiefel? Dann lege ich dir den Kurs „3, 2, 1 – und nicht mehr ausgerastet“ ans Herz. Weitere Infos findest du unter Veranstaltungen.

Melde dich gerne bei uns und wir suchen nach dem passenden Weg für euch.

 

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