Was im Kopf deines pöbelnden Hundes passiert
Was im Kopf passiert, wenn dein Hund pöbelt
Du gehst mit deinem Hund spazieren.
Er sieht den anderen Hund.
Du siehst den anderen Hund.
Die Spannung steigt.
Und 3, 2, 1… los geht’s. Dein Hund pöbelt.
Vielleicht hast du schon mal gelesen oder gehört:
„Das ist Stress.“
„Der kann sich da grad nicht regulieren.“
„Das ist das Nervensystem.“
Oder: „Dem musst du einfach mal Bescheid sagen, dann lässt der das.“
Aber was bedeutet das eigentlich und ist es wirklich so einfach?
Was passiert im Kopf deines Hundes, wenn er laut wird?
Und warum es manchmal eben nicht reicht, wenn du ruhig bleibst, ein Signal gibst oder eben „Bescheid sagst“?
In Teil 1 ging es um den Körper.
Jetzt geht’s um den Kopf.
Denn Verhalten entsteht nicht aus dem Nichts. Es hat eine Grundlage und die liegt oft tiefer, als wir denken.
Ein Hund, der pöbelt, tut das nicht unbedingt aus Spaß oder schlechter Laune.
In ihm läuft ein Programm ab, das schneller ist als jedes Signal.
Bevor er bewusst reagieren kann, hat das emotionale Alarmsystem im Kopf längst übernommen.
Zwei Bereiche – zwei Programme
Das Gehirn deines Hundes besteht grob gesagt aus zwei Bereichen:
dem limbischen System, das Emotionen und Überlebensmechanismen steuert und dem Kortex, der für bewusstes Denken zuständig ist,
Der Kortex ist langsam(er), aber differenziert.
Das limbische System ist schnell, aber einfach gestrickt: Gefahr oder nicht Gefahr?
Und genau das ist entscheidend für euer Zusammenleben.
Denn je nachdem, welcher Bereich gerade aktiv ist, steht deinem Hund eine andere Art von Reaktion zur Verfügung.
Limbisches System: Das emotionale Zentrum
-
Sitzt tief im Inneren des Gehirns
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Steuert emotionale Reaktionen wie Angst, Wut, Bindung
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Arbeitet automatisch und blitzschnell
-
Beeinflusst Herzschlag, Atmung, Muskeltonus
-
Grundlage für Stress- und Alarmreaktionen
Im Zentrum: Die Amygdala
Ein kleiner, aber mächtiger Teil des limbischen Systems ist die Amygdala.
Sie scannt ständig die Umgebung auf Gefahren automatisch, unbewusst und extrem schnell.
Wenn dein Hund etwas sieht, das er als bedrohlich einstuft, reagiert sie sofort. Noch bevor der Verstand dazwischenfunken kann, hat sie Alarm ausgelöst.
Sie sagt dem Körper: Achtung, Gefahr. Und der Körper folgt.
Adrenalin schießt ins Blut, die Muskeln spannen sich an, der Blick fixiert.
Aus einem Hund, der gerade noch locker an der Leine lief, wird ein Hund, der pöbelt.
Das passiert nicht, weil er es geplant hat.
Sondern weil die Amygdala schnell entscheidet.
Und je öfter ein Reiz mit Stress verknüpft wird, desto schneller wird dieser Ablauf.
Die Amygdala merkt sich, was „gefährlich“ ist. Und reagiert manchmal, noch bevor der andere Hund überhaupt bewusst gesehen wird.
Amygdala: Der schnelle Warner im Kopf
- Teil des limbischen Systems
- Erkennt potenzielle Bedrohungen
- Löst Stressreaktionen aus (z. B. Bellen, Ziehen, Fixieren)
- Arbeitet unbewusst und extrem schnell
- Wird stärker bei häufiger Aktivierung
-

Kortex: Der Ort fürs Denken
- Äußerste Schicht des Gehirns
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Zuständig für bewusste Wahrnehmung und Planung
-
Langsame, kontrollierte Verarbeitung
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Voraussetzung für Lernen und Entscheidung
-
Wird deaktiviert, wenn das limbische System übernimmt
Der Ort, an dem dein Hund denken kann: Der präfrontale Kortex
So wie die Amygdala Teil des limbischen Systems ist, gehört der präfrontale Kortex zum Kortex also zur bewussten Denkzentrale.
Dieser Bereich ist zuständig für planvolles, bewusstes Handeln.
Wenn dein Hund ansprechbar ist, sich zurücknimmt, mit dir kooperiert, dann ist dieser Teil seines Gehirns aktiv.
Hier findet das statt, was wir als „kluge Entscheidung“ bezeichnen würden: Innehalten. Abwägen. Auf dich reagieren statt loszustürmen.
Aber: Der präfrontale Kortex ist langsam.
Er arbeitet nur, wenn die Amygdala nicht im Alarmzustand ist.
Sobald der Alarm im Gehirn zu laut wird, übernimmt die Amygdala: schnell, impulsiv, automatisch.
Damit dein Hund wieder denken kann, braucht er zuerst eines: Dass du ihn siehst und sein Verhalten verstehst.
Präfrontaler Kortex: Der Ort für bewusste Entscheidungen
- Teil des Großhirns (Kortex)
-
Zuständig für Steuerung, Impulskontrolle, Planung
-
Arbeitet langsam und bewusst
-
Funktioniert nur in sicherem Zustand
-
Voraussetzung für kooperatives Verhalten
Warum dein Hund pöbelt und es nicht kontrollieren kann.
Kann er nicht oder will er nicht?
Diese Frage ist der Schlüssel zum Verstehen.
Denn nicht jedes Verhalten ist eine Entscheidung.
Und nicht jeder Hund, der laut wird, hat wirklich die Wahl.
Wenn das emotionale Alarmsystem im Gehirn aktiv ist, ist bewusstes Handeln kaum möglich.
Der präfrontale Kortex, der für Mitdenken und Kooperation zuständig ist, ist dann kaum erreichbar.
Dein Hund kann in diesem Moment nicht anders.
Er reagiert automatisch, blitzschnell, körperlich.
Heißt das, dass alles durchgehen darf? Natürlich nicht.
Aber bevor du handelst, lohnt sich ein kurzer Blick:
Kann er nicht oder will er nicht?
Wenn er kann, aber nicht will, darfst du klar sein.
Wenn er nicht kann, braucht er Halt und keine Korrektur.
Kooperationsfähigkeit ist nicht nur ein Charaktermerkmal.
Sie ist auch abhängig vom neurobiologischen Zustand.
Und den bestimmst du als Mensch mit, durch deine Haltung, deinen Rahmen, deine Fähigkeit deinen Hund zu sehen.
Wenn dein Hund im „Kann nicht“ Zustand ist, braucht er dich als stabilen Gegenpol. Als sicheren Hafen, der für ihn denkt, wenn er es nicht mehr kann.
📣 Du willst nicht nur reagieren, sondern verstehen?
Dann trag dich ein für „3, 2, 1… und nicht mehr ausgerastet“
Der Kurs für alle, die mehr wollen als nur Management.
Du lernst:
-
was im Körper UND Kopf deines Hundes passiert
-
wie du ihn wieder erreichst, wenn’s knallt
-
und wie ihr gemeinsam neue Wege geht
📚 Du willst tiefer einsteigen?
Im ersten Teil der Reihe erfährst du, was im Körper deines Hundes passiert, wenn Stress das Verhalten übernimmt.
👉 Und in Teil 3 geht’s weiter mit dem, was du tun kannst, wenn dein Hund nicht mehr ansprechbar ist.
Bald auf dem Blog.